Konkurrenz mit sehr ähnlichem Design – Kopie oder Zufall?
Seit das Internet für Alle frei zugänglich gemacht wurde und von den meisten Unternehmen als wichtiges Kommunikationsmedium genutzt wird, ist es leichter denn je sich Zugriff auf das Corporate Design quasi jeden Unternehmens zu verschaffen. Während man sich früher nur mittels Design-Büchern oder anderer gedruckter Werke oder Logo-Sammlungen einen Einblick in die Arbeit anderer Designer oder Agenturen verschaffen konnte, genügt es heute eine Suchmaschine zu bedienen und schon hat man einen Überblick über tausende toller Design-Beispiele – und damit ein unendliches Nachschlagewerk.
Moderne Designer nutzen selbstverständlich Suchmaschinen auch als Inspirationsquelle. Das bringt zwar Gefahren, aber auch einen wichtigen Vorteil mit sich: Man kann sich bei einem neuen Auftrag relativ schnell einen Überblick über eine bestimmte Branche verschaffen und für einen Auftraggeber ein Logo oder ein Design entwickeln, welches sich nicht an einen Konkurrenten annähert. Ein gutes Logo sollte schliesslich einzigartig sein. Vor allem, wenn es eventuell geschützt werden soll. Ein guter Designer möchte schliesßich etwas Neues gestalten und keine Plagiate verkaufen. Die Realität sieht allerdings manchmal anders aus.
Sollte jedoch ein Design, ein Logo oder ein kompletter Auftritt kopiert werden, gibt es mittlerweile viele nützliche Tools, die es einem erleichtern dies zu überprüfen. Mit Hilfe solcher Online-Werkzeuge sind wir vor Kurzem auf eine Seite gestoßen, die uns sofort an einen unserer Aufträge erinnert hat. Natürlich kann es bei den vielen Designs hin und wieder passieren, dass ein Logo einem anderen ähnelt. Wenn dies aber in derselben Branche passiert – und dann nicht nur das Logo, sondern auch der Internetauftritt der eigenen Website so stark ähnelt – kann man das entweder mit einem Sechser im Lotto vergleichen, oder davon ausgehen, dass einer der beteiligten Designer sich von der Konkurrenz mehr als nur inspirieren hat lassen. In diesem Zusammenhang stellen wir hier ein Projekt vor und eine Website eines Wettberwerbers.
Im Herbst 2018 wurden wir von der Firma Ingenieurbüro Baumann beauftragt das Logo und das Corporate Design zu überarbeiten, sowie die in die Jahre gekommene Website neu zu konzipieren und technisch umzusetzen. Während das Logo von unserem Auftraggeber bereits im Januar 2019 abgenommen wurde, ging die Website knapp 6 Monate später - im Juli 2019 online. Ein Wettbewerber unseres Kunden launchte seine Website knapp ein Jahr später. Selbstverständlich möchten wir mit diesem Beitrag niemandem eine Copyright-Verletzung unterstellen. Nennen wir es lieber Zufall und sehen es als Kompliment für unsere Arbeit, von der sich hier offensichtlich entweder das Unternehmen oder sein Designer besonders inspirieren ließ.
Ob wir nachweisen können, wer zuerst auf dem Markt war? Selbstverständlich. Dafür gibt es eines der oben genannten Tools. Das Webarchiv zeigt immer noch die Ursprungsversion der Website mit dem früheren Logo zum Zeitpunkt, an dem unser Projekt mit einem neuen Design bereits öffentlich zugänglich war. Anhand der Zugriffsstatistiken und der Rankings lässt sich ebenso in etwa das Datum des Relauches einer Website einfach rekonstruieren.
Natürlich haben wir uns rechtlich beraten lassen. Da jedoch keinerlei Scripte kopiert wurden (kein Wunder - es wurde auch ein anderes Redaktionssystem verwendet) sieht die Beweislage für uns schlecht aus. Es wurden keinerlei Fotos verwendet und das Logo und die Icons nicht 1:1 kopiert. Außerdem stehen die Chancen für eine kleine Designagentur schlecht, gegen ein Bauunternehmen rechtlich vorzugehen. Die Website des Konkurrenten trägt übrigens einen Copyrigt-Hinweis und verweist im Impressum auf das Urheberrecht.
Sehen Sie sich den Vergleich beider Projekte an und machen Sie sich selbst ein Bild:
Logo-Vergleich
Logo Ingenieurbüro Baumann
Logo Wettbewerber
Wettbewerber (früheres Logo)
Vergleich der Favicons
Webseiten-Vergleich
Home (Ingenieurbüro Baumann)
Home (Wettbewerber)
Dass bei beiden Unternehmen ein Relaunch notwendig war, ist keine Frage. Schade nur, dass beide Webseiten-Konzepte, das Design, die Farben, die Bildsprache und der Aufbau einander so stark ähneln, dass dies bei der Recherche eines potentiellen Auftraggebers zu einer Verwechslung führen könnte. Auf beiden Webseiten wurde als Hintegrundfarbe für einzelne Bereiche die Farbe Weiß und Hellgrau gewählt. Auf beiden Webseiten wurden quadratische Icons als Stilelemente verwendet und sogar inhaltlich ähnelt eine Seite der anderen.
Referenzen- / Projekt-Liste
Referenzen Ingenieurbüro Baumann
Referenzen Wettbewerber
Klickt man sich durch die Website, entdeckt man weitere Parallelen. Nicht nur die Liste der Projekte scheint den gleichen Aufbau zu haben. Mit einem Unterschied: Bei Baumann erscheint das Foto des jeweiligen Projektes erst bei Mouseover. Beim Wettbewerber sieht man die Referenzfotos sofort. Die Vorstellung der einzelnen Projekte weist weitere, identische Elemente auf: Unter dem Projektfoto findet man eine Projektbeschreibung mit einer übersichtlichen, tabellarischen Darstellung der wichtigsten Informationen (Auftraggeber, Zeitraum der Umsetzung, Kosten, Leistungen). Darunter befindet sich eine Bildergalerie, bzw. Slideshow mit weiteren Fotos zum Projekt. Als Response-Element findet man kurz vor dem Footer eine großzügig gestaltete Aufforderung zur Kontaktaufnahme.
Referenz - Projektvorstellung (Ingenieurbüro Baumann)
Referenz Projektvorstellung (Wettbewerber)
Unser Fazit
Logo und Corporate Design:
Die Idee, die Farben aus Sportrasen und Tenne in ein Logoelement zu integrieren war dem Wettbewerber offensichtlich nicht neu. Diese Elemente jedoch zu minimalisieren und in ein Quadrat neben dem Schriftzug zu platzieren hätte man sicher auch anders umsetzen können, anstatt sich so stark am Wettbewerber zu orientieren. Für den Schriftzug im Logo des Wettbewerbers wurde an Zeit gespart. Der Designer hat die Schrift im Logo verwendet, die gleichzeitig als die Schrift im Content verwendet wurde. Diese wurde nicht verändert und nicht einmal minimalistisch individualisiert, was einem Logo sicherlich gut tun würde. Das sorgt einerseits für optimale Lesbarkeit, dem Logo fehlt es jedoch dadurch an Individualität und Raffinesse.
Website:
Mit der Platzierung des Logos außen links und der beiden Navigationsleisten rechtsbündig ist der Headerbereich identisch aufgebaut. Es gibt jedoch so viele Möglichkeiten diesen Bereich benutzerfreundlich zu gestalten. Warum man an dieser Stelle in der Umsetzung kein anderes Konzept gewählt hat, bleibt ein Rätsel.
Die Inhalte in einzelne Sections aufzuteilen gehört sicherlich zu den Standards. Fast alle moderne Webseiten sind ähnlich aufgebaut. Da der Wettbewerber offensichtlich bereits als dominante Farben Grau und Grün gewählt hat, wäre eine Option gewesen, die dritte Farbe aus dem Logo (Rot-Orange) als primäre Farbe zu wählen. Schließlich wurde diese Farbe auch für die Icons in der Sidebar verwendet. Warum dann nicht gleich alle Icons orange einfärben? Vergleicht man beide Konzepte, ist bei Ingenieure Baumann ein klares Raster und immer die gleichen Elemente und Abstände erkennbar. Beim Wettbewerber fallen die Breiten je nach Landingpage teilweise unterschiedlich aus. In der technischen Umsetzung haben wir hier in die Gestaltung einzelner Bereiche wesentlich mehr Zeit investiert. Die Tabellen in den Referenzen heben sich farblich vom Content ab und wurden absichtlich über das Projektfoto gesetzt, während der Wettbewerber die Tabellen einfach in die Section nebeneinander gesetzt hat. Die Tabellen und weitere Elemente wurden außerdem mit einem Parallax-Effekt versehen, der beim Scrollen sichtbar wird. In unseren Referenz-Seiten wurden für die Hintergründe individuelle Grafiken der einzelnen Bundesländer erstellt. Weitere kleine Details wurden in die Seiten integriert, um das Design etwas aufzulockern. All das findet man auf der Website des Wettbewerbers nicht.
SEO:
Auf den Seiten der Konkurrenz fällt der deutlich umfangreichere Content auf. Dadurch punktet die Webseite logischerweise in den Suchmaschinen. Hier haben die Copywriter sehr gute Arbeit geleistet. Mehr Content bedeutet auch mehr Keywords und das bedeutet auch, dass sich die Besucher der Website mehr Zeit nehmen, um die Inhalte durchzulesen. Eine längere Verweildauer ist eines der wichtigen Rankingfaktoren und sorgt für bessere Platzierungen in den Suchmaschinen.
Unsere Meinung:
Die Branche, in der sich unser Auftraggeber bewegt, ist in Deutschland ähnlich überschaubar, wie die Anzahl der potentiellen Auftraggeber im Sportplatzbau. Eigentlich kann man davon ausgehen, dass man seine Konkurrenz kennt - oder zumindest kennen sollte. Aus dem Grund ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum der Designer sich hier offensichtlich so stark am Auftritt eines Wettbewerbes orientiert hat. Sollte es tatsächlich ein Zufall gewesen sein, wurde im Vorfeld zu wenig recherchiert. Ärgerlich jedenfalls für beide Auftraggeber: Für den einen, da er davon überzeugt war, mit einem einzigartigen Auftritt in dem kleinen Markt zu glänzen. Für den Anderen sicherlich auch nicht die besten Lösung, denn er hat möglicherweise viel für ein neues, nicht einzigartiges Design investiert, ohne informiert zu werden, dass es bereits einen Konkurrenten mit fast demselben Auftritt auf dem Markt gibt.
Den Rechtsweg in so einem Fall zu wählen lohnt sich in Deutschland meist für einen Designer nicht. Die Gerichts- und Anwaltskosten würden das Budget für den eigentlichen Auftrag übersteigen.
Wir dürfen in so einem Fall nicht behaupten, dass unser Design kopiert wurde, denn schon diese Behauptung könnte rechtliche Schritte mit sich ziehen. Denn das "Nachahmen" von Design scheint in Deutschland ein legaler Weg zu sein. In anderen Ländern sieht das anders aus. Die Beweise im Internet und im Webarchive sind immerhin auf unserer Seite. Als Agentur können wir also mit ruhigem Gewissen behaupten, dass unser Auftraggeber in ein individuelles Projekt investiert hat und gut beraten wurde, während der Konkurrent eventuell das gleiche Budget, oder sogar mehr für "nur eine Nachahmung" bezahlt hat - denn Contao-Projekte sind bekannterweise teuer. Als Designagentur wäre es jedenfalls für uns ein "NOGO" einen direkten Konkurrenten für einen Auftraggeber zu kopieren und wir können nicht so richtig nachvollziehen, welche Strategie der Webdesigner hier befolgt hat. Es spricht jedenfalls weder für den Designer - noch für den Auftraggeber.
Die Suchmaschinen erkennen das selbstverständlich nicht und bewerten nur den Content, aber daran können wir noch arbeiten. Die gezielte Suchmaschinenoptimierung gehört schließlich zu unseren Stärken.
Wir möchten an dieser Stelle auf zwei Artikel aus dem Internet hinweisen:
-
Dürfen Webdesigns kopiert werden?www.businessinsider.de
-
Urheberrechtsschutz: Was ist bei Website-Inhalten dringend zu beachten?www.anwalt.de